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"Wege zur Durchsetzung der Rechte der Natur" gefördert

Fachtagung vom Netzwerk Rechte der Natur e.V. unterstützt am 11.11.2024

Etwa 60 Gäste beteiligten sich an der Fachtagung "Rechte der Natur - Wege zur Durchsetzung in Deutschland" am 11.11.2024 des Netzwerkes Rechte der Natur e.V.. Die Veranstaltung wurde gefördert von der Winter Stiftung für Rechte der Natur und von der Selbach-Stiftung. Nach einer erfolgreichen Vernetzung am Vorabend  mit Musik und Fachgesprächen startete am Folgetag das anspruchsvolle Fachprogramm.

Prof. Bertram Lomfeld von der Freien Universität stellte es in der Netzwerkdiskussion pragmatisch dar. Angst davor zu haben, die Natur würde als Rechtssubjekt immer Recht erhalten, wäre für Menschen ziemlich kontraproduktiv, weil es der Natur wahrscheinlich am besten gehen würde, wenn der Mensch sie, also die Natur, gar nicht beeinflussen würde. Hätte die Natur das Recht, Rechte für sich einklagen zu können, würde es eine zukunftsorientierte Rechtsprechung geben, die auf Abwägung der verschiedenen rechtlichen Interessen beruhen würde. Die große Innovation dabei ist, dass die Natur nicht grundsätzlich alles akzeptieren muss, was der oftmals kurzfristig denkende Mensch, der von reiner Ökonomie getrieben ist, an Schaden anrichtet.

Dr. Anna von Rebay und Dr. Nina Kerstensteiner von Ocean Vision Legal stellen das Gutachten: »Rechte des Schweinswales – von Gutachten zur Praxis« vor. Der Schweinswal wurde auserwählt, da es nur noch 500 Exemplare seiner Art in der Ostsee gibt. Rechtstechnisch könnten dem Schweinswal jederzeit Rechte zugesprochen werden, so Dr. Nina Kerstensteiner, wie z.B. ein Recht auf Leben und/oder ein Recht auf Bewegungsfreiheit. Das Gutachten definiert zwei Wege, um das Ziel zu erreichen. Erstens könnte versucht werden, Rechte der Natur allgemein zur Anerkennung zu bringen oder eine Rechtsverordnung für z.B. ein einzelnes Tier zu erwirken. Um eine Rechtsverordnung zu erlangen, braucht es jedoch eine Ermächtigungsgrundlage.

Prof. Bertram Lomfeld beschreibt, dass es aufbauend auf dem Zivilrecht viele Rechtsentscheidungen geben könnte, auf Verfassungsebene es aber nur einen großen Wurf geben darf. Deshalb bedarf es der Vernetzung und der Absprache. Dr. Andreas Gutmann stimmt zu und betont: es sollte alles auf eine konkrete Klage begrenzt werden. Ein Vorschlag aus dem Netzwerk ist, dass sinnvollerweise eine anerkannte »Ökologische Person«, wie das Mar Menor, die Aufgabe übernehmen könnte, die Rechtsprechung in Europa oder Deutschland weiterzuentwickeln.

Rechtsanwalt Dr. Bernd Söhnlein beschreibt mögliche Vorgehensweisen, wie die Rechte der Natur auf den Weg gebracht werden können. Offene Fragen, welcher Gerichtszweig, welche Kläger:innen und Gegensand der Klage (gegen oder für ein Gesetz, gegen eine Behördenentscheidung, gegen eine Privatperson oder ein Unternehmen) werden im Netzwerk zur Diskussion gestellt.

Rechtsanwalt Peter Mohr erläutert, dass erstmals 1988 am Verwaltungsgericht Hamburg mit einer Umweltverbandsklage „Robben gegen die Verklappung von Dünnsäure“ versucht wurde, Tieren Rechte einzuräumen. Damals klagten u.a. Greenpeace und der B.U.N.D. im Namen der Robben gegen die »Bayer AG«, u.a. um eine weitere »Einbringung von Abfallstoffen auf hoher See« gerichtlich zum Verbot zu bringen. Heute unvorstellbar, dass jährlich 300.000 Tonnen chemischer Abfälle wie Dünnsäure einfach verklappt wurden – hat das Verwaltungsgericht Hamburg die Klage seiner Zeit abgelehnt. Die Klage hat jedoch so viel öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt, dass daraufhin die Verklappung durch die Politik verboten wurde.

Im Netzwerk werden verschieden Rechtsgrundlage aufgegriffen, die helfen können. So z.B. die Aarhus-Konvention als EU-Umweltinformationsrecht. Über die Bürgerbeteiligungsrechte der Aarhus-Konvention, welche auf drei Säulen beruht (1) Zugang zu Umweltinformationen (2) Öffentlichkeitsbeteiligung im Umweltschutz (3) Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten könnte z.B. ein Auskunftsrecht erwirkt werden, dass Landwirt:innen darüber Auskunft geben müssen, welche Agrar-Gifte sie auf Feldern versprühen. Auch die UN-Kinderrechtskonvention, als Regelwerk zum Schutz der Kinder weltweit, kann herangezogen werden, um die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu schützen, da die Vertragsstaaten in größtmöglichem Umfang das Überleben und die Entwicklung des Kindes gewährleisten müssenTobias Gerhartsreiter.

Christian Cray, Tobias Gerhartsreiter (beide Vorstand Netzwerk Rechte der Natur e.V.) und Jakob Kukula (Spree-Initiative) loten in einem Workshop das Thema aus: "Lokale Initiativen und Bündnisse schmieden, Akteure begeistern: Rechte der Natur auf lokaler und kommunaler Ebene anerkennen".

Dr. Carsten Berg und Emmanuel Schlichter beschreiben die Möglichkeiten die EU-Bürger:innen haben, um das EU-Recht zu gestalten. Zur partizipativen Mitgestaltung der Demokratie wurde die Verordnung (EU) 20219/788 vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative (EBI) verabschiedet. EU-Bürger:innen haben somit ein Initiativrecht, mit allerdings relativ hohen Hürden. Mindestens sieben natürliche Personen aus verschiedenen Mitgliedsstaaten müssen mindestens eine Millionen Unterschriften (Unterstützungsbekundungen) sammeln, damit eine EBI gestartet werden kann. Ein EBI kann jedoch eine Möglichkeit sein, für die Rechte der Natur zu kämpfen. Mehr Informationen finden sich unter https://citizens-initiative.eu/.

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